The Metaphysical Possibility of Joy in the Mind of Someone Unhappy

The Metaphysical Possibility of Joy in the Mind of Someone Unhappy, 2011

Sebastian Neubauer (Hannover)
Material Plüschhai in Vitrine
Maße 4m x 2,2m x 1,4m

Muss, wer die Persiflage von Sebastian Neubauer verstehen will, die Vorlage dazu kennen? The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living (1991), „Die physische Unmöglichkeit des Todes in der Vorstellung eines Lebenden“, lautet der Titel einer Ikone der Kunst der Young British Artists der 1990er-Jahre: Ein in Formaldehyd eingelegter, zu diesem Zweck erlegter Hai. Damien Hirst beschrieb seine Absicht wie folgt: “Hirst has thus spoken of his interest in the shark, for the ‘really powerful kind of horror’ that it produces, and as a ‘universal trigger’. During an interview he stated that ‘everyone’s frightened of sharks, everyone loves butterflies’.”1

20 Jahre nach der ersten Ausstellung von The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living stellt Sebastian Neubauer einen frech lächelnden Plüschhai (2011) aus – unter dem Titel The Metaphysical Possibility of Joy in the Mind of Someone Unhappy, „Die metaphysische Möglichkeit der Freude in der Vorstellung eines Unglücklichen“. Damit nimmt er Damien Hirsts Hai fulminant auf die Schippe. Ein Plüschhai, auch wenn er über drei Meter lang ist, löst keinen Schrecken aus, thematisiert auch nicht Tod und Vergänglichkeit wie ein echter Hai. Er ist tatsächlich in der Lage Freude auszulösen: darüber, dass es jemand wagt, einer Ikone mit Leichtigkeit und Humor den Spiegel vorzuhalten.

Sebastian Neubauer eignet sich ein in die Populärkultur eingegangenes Vorbild an, das vielfach durch die Presse ging. Damit ähnelt seine Strategie derjenigen von Damien Hirst, bei dessen Hai man an den Film Der weiße Hai (Jaws, 1975, Regie: Steven Spielberg) erinnert wird. Der Plüschhai wiederum lässt vielmehr an übergroße Kuscheltiere, wie sie auf Jahrmärkten „erlegt“ oder gewonnen werden können, denken. Unschuld und Ausdruck des Plüschhais stehen in Kontrast zu ihrer Vorlage. Der eine Hai löst Schrecken aus, der andere Vergnügen. Muss man also Damien Hirsts Hai kennen, um Sebastian Neubauers Werk zu verstehen? Vielleicht.

Text: Lisa Steib


1 Luke White, „Damien Hirst’s Shark: Nature, Capitalism and the Sublime“, Tate Papers, https://www.tate.org.uk/research/tate-papers/14/damien-hirst-shark-nature-capitalism-and-the-sublime, 27.05.2022.