Mutters Kuchen

Mutters Kuchen, 2017

Franca Franz (Leipzig)
Material Öl auf Leinwand, Foto: Barbara Proschak
Maße 90 x 120 cm

Acht Raben oder Krähen machen sich über Mutters Kuchen her. Franca Franz setzt diese Situation gekonnt in Szene. Es herrscht eine große Dynamik im Bild, die von den heranfliegenden Rabenkrähen dominiert wird. Die untere Bildhälfte wird von einem weißen Tischtuch und Mutters Kuchen beherrscht, der Hintergrund changiert zwischen Braun- und Grüntönen.

Es lässt sich sofort an Alfred Hitchcocks Film Die Vögel (The Birds, USA 1963) denken. Doch im Gegensatz zu Hitchcocks Vogelschwarm haben es Franca Franz’ Vögel lediglich auf den Kuchen abgesehen. Und doch birgt das Bild eine mysteriöse, unheilvolle Situation, in der der Mensch die Macht über die Natur abzugeben scheint. Franca Franz’ Motive speisen sich aus der Alltagswelt wie aus den Abgründen und Phantasmen des Traums. Mutters Kuchen ist in einer Zwischenwelt angesiedelt: Das Motiv könnte aus der Realität wie aus einem Traum stammen.

Krähen und Raben werden als eher lästige, bedrohliche Vögel angesehen. Ihretwegen werden Vogelscheuchen aufgestellt und man scheucht sie lieber weg, als dass man sie entzückend findet wie Rotkehlchen, Spatz oder Meise. Ihr tiefschwarzes Federkleid, ihr schwarzer Schnabel und ihre schwarzen Beine sowie die beachtliche Größe ihres Körpers dürften dafür verantwortlich sein. Auch die Laute, die Rabenkrähen von sich geben, und ihnen den lautmalerischen Namen Krähe gegeben haben, werden als eher abstoßend wahrgenommen, im Gegensatz zum Wohlgesang anderer Vogelarten.

Und so prägt auch das Schwarz die Bildfläche von Mutters Kuchen. Das Schwarz steht dabei in Kontrast zum mit blauen, roten und grünen Schlieren versehenen weißen Tischtuch: „Fehlte die Schwärze in unserer Welt, so hätten wir kein Medium für die Kontrastierung.“1

Mutters Kuchen zeigt eine eigentlich idyllische Szene, die von den Raben gestört wird. Die Mutterliebe, die sich gern im Kuchenbacken ausdrückt, wird damit in eine zwielichtige Situation verwandelt. Aus einem harmonischen Kaffeeklatsch wird nichts. Die intelligenten Raben kommen uns zuvor.

Text: Lisa Steib


1 Harald Haarmann, Schwarz. Eine kleine Kulturgeschichte, Frankfurt a. M. 2005, S. 42.